RASHAD

 

Alter: 51

Herkunftsland/stadt: Damaskus, Syrien

Familienstand: Verheiratet

Kinder: 3

Beruf: Bäcker

Hobbys: Computer

Grund für den Aufenthalt auf Lesbos: unterwegs nach Deutschland

Meine Stimmung (1-10): 5

Warum? Ich wäre heute so gerne nach Mythilini gefahren, weil da das Boot nach Athen abfährt. Jetzt müssen wir noch eine Nacht hier bleiben und auf dem Boden schlafen.

Mein Vorschlag an die Welt: Bitte helft denen, die es in Syrien schwierig haben, es ist unerträglich dort. Die Politik hätte das stoppen können bevor es auβer Kontrolle geriet.

OTIS

 

Alter: 19

Herkunftsland/stadt: Rotterdam, Holland

Familienstand: Beziehung

Kinder: 0

Beruf: Schüler Seefahrtschule und Kurier.

Hobbys: an meinem Moped und Auto rumwerkeln

Grund für den Aufenthalt auf Lesbos: Urlaub

Meine Stimmung (1-10): 10

Warum? Das Gespräch mit Rashad war sehr besonders, das werde ich nie wieder vergessen.

Mein Vorschlag an die Welt: Menschen sollen für einander sorgen.


 
 

DIE BEGEGNUNG

“Was weiβt Du über Syrien?”, fragte Rashad aus Damaskus Otis aus Rotterdam. Vor zehn Tagen verlieβ er Syrien zum ersten Mal in seinem Leben. “Nicht so viel”, sagte Otis sehr ehrlich, “auβer, dass dort Krieg herrscht”. “Aber ich meine die Natur und so”, sagte Rashad, “es ist da wunderschön und wir haben viele archäologische Altheiten”. Seine Gedanken streifen in die Zukunft, dann sagt er: “es wäre schön, wenn Du mich irgendwann mal besuchen kommen würdest in Syrien. Dann nehme ich Dich mit zu meiner Familie und zeige Dir all die schönen Orte.”

Es war nie seine Absicht gewesen, Syrien zu verlassen. Als Bäcker in Damaskus führte er ein wunderbares Leben mit seiner Frau und seinen Kindern. Wenn jemand ihm vor fünf Jahren erzählt hätte, dass er in einem überfüllten Gummiboot das Meer überqueren würde, hätte er das niemals geglaubt. Und schon gar nicht, dass er seine Familie in zwei Teile teilen müsste. Seine Frau, sein Sohn und seine Mutter blieben zurück. Die Reise nach Europa kostet mehrere tausend Euro pro Person.

“Was würdest Du mit einer Million machen?”, fragte Otis. “Ich würde allen Menschen, die nicht aus Syrien weg können, helfen”, sagt Rashad, “das Leben dort ist zur Zeit unerträglich.”

 

 

“Ich wünsche Dir eine gute Reise”, sagt Otis. “Ich danke Dir”, sagt Rashad, “und ich wünsche Dir, dass Du Dein Studium an der Seefahrerschule abschliessen kannst, und dass Du immer so fröhlich sein mögest wie jetzt.”

Ein breites Lächeln, ein Zwinkern, eine Hand und ein Foto. Wieder zurück in Holland mailt Otis uns: “Danke für die schöne Erfahrung, das werde ich nie wieder vergessen, es hat mich tief berührt.”

Der 19-jährige Otis hat auch uns berührt, weil er selbst gefragt hatte, ob er bei diesem Projekt mitmachen dürfe. Er setzte sich auf die Bank und konnte jemandem zuhören, der eine schwere Reise hinter sich hatte. Darum, Otis, hoffen wir, dass irgendwann mal der Tag kommen wird, an dem Du zusammen mit Deiner Freundin ein frisches Brot kaufen kannst in der wiedereröffneten Bäckerei von Rashad in Damaskus. Und dass er Dir dann alle schönen Orte in Syrien zeigen kann.

Solange der Krieg in Syrien fortwährt, bleibt Rashad in einem Zentrum in Deutschland, in dem er auf das Resultat seines Verfahrens wartet. Anfang Dezember hörten wir, dass auch seine Frau, sein Sohn und seine Mutter in Deutschland angekommen sind. Das Wiedersehen war emotional. Sie hatten denselben Weg hinter sich bringen müssen, wie er.